Montag, 20. Juli 2009

Studenten stürzen sich in die virtuelle Welt

Für Studenten ist es vielleicht cool, sich in Second Life herumzutreiben, aber wie kommen die Dozenten von Business Schools mit der virtuellen Welt klar? Und fördern Erfahrungen aus so einer Parallelwelt tatsächlich die Führungsqualitäten, die Studenten in MBA-Programmen entwickeln sollen?
In neuen Studien wurde untersucht, ob Onlinerollenspiele Studenten dabei helfen, Führungsfähigkeiten zu erwerben. In Spielen wie "World of Warcraft", "Eve Online" oder "Everquest" interagieren die verschiedenen Spieler miteinander, bauen Beziehungen zu anderen auf, treten Berufsverbänden bei, werden von Unternehmen angestellt und führen komplexe Missionen aus - zum Teil in Zusammenarbeit mit anderen.

IBM sagt in seinem jüngsten Global Innovation Outlook, virtuelle Welten wie Second Life seien zwar keine Spiele, hätten aber viel mit Onlinerollenspielen gemeinsam und könnten dazu beitragen, Führungsqualitäten zu entwickeln.

Kernkompetenzen gefördert

Der Bericht stützt sich auf das MIT Sloan Leadership Model, das vier Kernkompetenzen eines guten Managers beschreibt. Demzufolge müssen Manager in der Lage sein, komplexe Situationen zu analysieren, innerhalb und außerhalb des Unternehmens tragfähige Beziehungen aufzubauen, packende Visionen für die Zukunft zu entwickeln und sie auch zu verwirklichen.
Wer es in Second Life zu etwas bringen will, muss Aktivitäten entwerfen und Strukturen und Artefakte bauen, die andere verwenden oder kaufen wollen. Dazu brauchen die Spieler Visionen, und sie müssen eine praktischen Plan haben, wie sie diese Visionen verwirklichen können.

Gemeinsam etwas unternehmen

Außerdem fördern die Spieler - oder Bewohner, wie sie in Second Life heißen - Gruppenverhalten, und einige der Aktivitäten sind sogar äußerst visionär. "Die Bewohner bauen Diskos, treten für politische, soziale oder religiöse Ziele ein und gründen Unternehmen", heißt es in dem Bericht.
Die Befürworter von virtuellen Welten als Hilfsmittel für die Managerausbildung weisen darauf hin, dass man sich sowohl in einer Onlinewelt wie Second Life als auch im wirklichen Leben, das Recht Führungsaufgaben zu übernehmen, erst verdienen muss. Führungsverantwortung muss man sich häufig mit anderen teilen, und es kommt weniger auf die Persönlichkeit an, als auf die Fähigkeit, eine Mentorfunktion für andere zu übernehmen.

Großer Zuspruch für Projekte

Bislang nehmen die Studenten die ersten Initiativen der Business Schools in Sachen Second Life begeistert auf. "Es macht ihnen sehr viel Spaß, und sie nehmen eine Menge davon mit - besonders die (jüngeren) Master-Studenten", sagt Robin Teigland von der Stockholm School of Economics (SSE). Die SSE bot ein Second-Life-Projekt an, bei dem ein Kommunikationsplan für eine schwedische Steuerbehörde entwickelt werden sollte. Neunzig Prozent der Masterstudenten wollten teilnehmen.
Die Dozenten davon zu überzeugen, in die Onlinewelten einzutauchen, ist dagegen schon schwieriger. Das liege aber nicht an Skepsis, sagen die Befürworter. "Die Dozenten sind mit ihren eigenen Dingen beschäftigt, und man kann ihnen ja nicht einfach sagen: 'Erstelle Dir doch gleich morgen einen Avatar'", sagt Miklos Sarvary von Insead. "Sie sind natürlich nicht begeistert davon, sich mühsam einzuarbeiten, bis sie sich in der Umgebung gut auskennen und ihr Material (in die Onlinewelt) einbringen können. Das kann schon ermüdend sein."

Sind Präsenz-Seminare noch nötig?

Älteren Dozenten fehlt manchmal aber auch das Vertrauen: "Sie sind schon sehr interessiert, aber sie sagen: 'Ich bin kein Technikmensch. Ich kann das nicht.'", sagt Teigland.
Es ist wie mit dem Internet vor 15 Jahren: Die einen freunden sich schneller damit an, die anderen brauchen etwas länger. "Es bringt sie noch weiter von dem Gedanken ab, dass sich ihr Beruf immer vor einer Zuhörerschaft abspielen muss", sagt Steve Mahaley von Duke Corporate Education. "Aber es wird interessant werden, Dozenten zu suchen, die bereit sind, sich in diese 3D-Welt zu begeben und zu lernen, wie man sich dort am besten verhält."
Irgendwann wird es jüngere Dozenten geben, die mit diesen virtuellen Welten aufgewachsen sind, und es wird in allen Altersklassen Pioniere geben, die diese neuen Erfahrungen sofort ausprobieren möchten.


Quelle: Baxter, Andrew: Studenten stürzen sich in die virtuelle Welt, 16.03.2008, URL: http://www.ftd.de/karriere_management/karriere/:Studenten%20Welt/327562.html ( 20.07.2009, 19:43 MEZ)

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