Web-2.0-Phänomene wie Facebook, YouTube oder Second Life sind mittlerweile ein bestimmender Gestaltungsfaktor im Informations- und Kommunikationsalltag der Menschen. Ihre enorme Popularität hat dazu geführt, dass avantgardistische Kunst heute zu einer Massenbewegung geworden ist."
Zu dieser Einschätzung kam Jay David Bolter, Professor und Co-Direktor des Wesley Center for New Media am Georgia Institute of Technology1, im Rahmen eines Gastvortrags am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften der Universität Wien. Dies sei eine beeindruckende Leistung, die in der Geschichte der Avantgarde bisher noch nie gelungen sei. "Die Kunst hat damit an Distanz zur Lebenspraxis eingebüßt und findet im Internet eine neue Ausrucksmöglichkeit", so Bolter.
Um seine These zu untermauern, verweist der Autor mehrerer einflussreicher Bücher zur Theorie der Neuen Medien vor allem auf das Beispiel der sozialen Online-Netzwerke. "Social Communitys laden ihre Mitglieder dazu ein, die Webseite nach ihren eigenen Wünschen zu gestalten. Sie stellen eine moderne Form der Identitätsbildung der Menschen dar und weisen eine Vielzahl der Eigenschaften von künstlerischer Avantgarde auf", erklärte Bolter. Ihre Praxis liege in der kreativen Gestaltung, Nachahmung und Verbreitung von Informationen. Gleiches gelte auch für die Videoplattform YouTube, auf der User unter dem Motto "Broadcast Yourself" einen "narzistischen Selbstdarstellungsdrang" befriedigen könnten. "Inzwischen gibt es unzählige YouTube-Künstler, die dort ihre künstlerischen Werke einer breiten Öffentlichkeit präsentieren und weiterverbreiten", ergänzte Bolter.
Auch virtuelle Internet-Spielwelten à la Second Life seien Beispiele für die zunehmende Annäherung von Kunst und Lebenspraxis. "Second Life ist in dieser Hinsicht außergewöhnlich, weil es eine virtuelle Umgebung ist, die alleine von den Nutzern gestaltet und entwickelt worden ist. Sie bietet ihren Teilnehmern zudem eine Möglichkeit, kulturelle Ereignisse zu inszenieren und neue Kommunikationsformen zu entwickeln und auszutesten", erläuterte Bolter. Auf diese Weise werde letztendlich die Kluft zwischen der physischen Welt und jener der Medien überwunden. "Diese Grenze verschwindet durch die neuen Technologien zusehends. Second Life ist mittlerweile eine Art kapitalistische Gegengesellschaft, in der die Nutzer auch virtuelle Güter für reales Geld verkaufen können", schilderte Bolter.
Laut dem Vordenker der Neuen Medien ist unsere gegenwärtige Medienkultur von zwei Formen der Mediatisierung geprägt, die auf grundverschiedenen Ordnungen des Sehens und Darstellens beruhen. Erstere, die sogenannte "Transparenz", finde sich vor allem in Mainstream-Unterhaltungsfilmen, TV-Dramen und einer Fülle von Nachrichtenmedien. Die zweite Form namens "Hypermedialität" erkenne man hingegen in avantgardistischer Kunst, aber auch in neuen digitalen Applikationen wie klassischen Web-2.0-Anwendungen oder Alternate Reality Games (ARGs), die mit und über verschiedene Medien hinweg gespielt werden. "Wir leben heute in einem Medienzeitalter, in dem die Strategie der künstlerischen Avantgarde über ein höheres Ansehen und eine stärkere Verbreitung verfügt als jemals zuvor. Ihre Ästhetik hat über die enorme Popularität der Phänomene des Web 2.0 einen festen Platz in der Medienkultur moderner Gesellschaften erlangt", so Bolter abschließend. (pte)
Zu dieser Einschätzung kam Jay David Bolter, Professor und Co-Direktor des Wesley Center for New Media am Georgia Institute of Technology1, im Rahmen eines Gastvortrags am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften der Universität Wien. Dies sei eine beeindruckende Leistung, die in der Geschichte der Avantgarde bisher noch nie gelungen sei. "Die Kunst hat damit an Distanz zur Lebenspraxis eingebüßt und findet im Internet eine neue Ausrucksmöglichkeit", so Bolter.
Um seine These zu untermauern, verweist der Autor mehrerer einflussreicher Bücher zur Theorie der Neuen Medien vor allem auf das Beispiel der sozialen Online-Netzwerke. "Social Communitys laden ihre Mitglieder dazu ein, die Webseite nach ihren eigenen Wünschen zu gestalten. Sie stellen eine moderne Form der Identitätsbildung der Menschen dar und weisen eine Vielzahl der Eigenschaften von künstlerischer Avantgarde auf", erklärte Bolter. Ihre Praxis liege in der kreativen Gestaltung, Nachahmung und Verbreitung von Informationen. Gleiches gelte auch für die Videoplattform YouTube, auf der User unter dem Motto "Broadcast Yourself" einen "narzistischen Selbstdarstellungsdrang" befriedigen könnten. "Inzwischen gibt es unzählige YouTube-Künstler, die dort ihre künstlerischen Werke einer breiten Öffentlichkeit präsentieren und weiterverbreiten", ergänzte Bolter.
Auch virtuelle Internet-Spielwelten à la Second Life seien Beispiele für die zunehmende Annäherung von Kunst und Lebenspraxis. "Second Life ist in dieser Hinsicht außergewöhnlich, weil es eine virtuelle Umgebung ist, die alleine von den Nutzern gestaltet und entwickelt worden ist. Sie bietet ihren Teilnehmern zudem eine Möglichkeit, kulturelle Ereignisse zu inszenieren und neue Kommunikationsformen zu entwickeln und auszutesten", erläuterte Bolter. Auf diese Weise werde letztendlich die Kluft zwischen der physischen Welt und jener der Medien überwunden. "Diese Grenze verschwindet durch die neuen Technologien zusehends. Second Life ist mittlerweile eine Art kapitalistische Gegengesellschaft, in der die Nutzer auch virtuelle Güter für reales Geld verkaufen können", schilderte Bolter.
Laut dem Vordenker der Neuen Medien ist unsere gegenwärtige Medienkultur von zwei Formen der Mediatisierung geprägt, die auf grundverschiedenen Ordnungen des Sehens und Darstellens beruhen. Erstere, die sogenannte "Transparenz", finde sich vor allem in Mainstream-Unterhaltungsfilmen, TV-Dramen und einer Fülle von Nachrichtenmedien. Die zweite Form namens "Hypermedialität" erkenne man hingegen in avantgardistischer Kunst, aber auch in neuen digitalen Applikationen wie klassischen Web-2.0-Anwendungen oder Alternate Reality Games (ARGs), die mit und über verschiedene Medien hinweg gespielt werden. "Wir leben heute in einem Medienzeitalter, in dem die Strategie der künstlerischen Avantgarde über ein höheres Ansehen und eine stärkere Verbreitung verfügt als jemals zuvor. Ihre Ästhetik hat über die enorme Popularität der Phänomene des Web 2.0 einen festen Platz in der Medienkultur moderner Gesellschaften erlangt", so Bolter abschließend. (pte)