Bei der Frage nach den Arbeitsplätzen, die das Internet geschaffen hat, drängt sich sofort eine Reihe von seriösen Antworten auf: „Systemadministrator“, „Webmaster“ oder auch „Online-Händler“. Doch das Spektrum der Internet-Berufe hat auch weitaus weniger konservative Beispiele zu bieten.
DÜSSELDORF. Jobmaschine Internet: In den letzten Jahren ist im Web eine neue Klasse von Jobs entstanden, die einen fast ausschließlich virtuellen Hintergrund hat. Hier werden in erster Linie Daten bewegt, und das nicht unbedingt im Rahmen eines normalen Arbeitsplatzes Die dahinter stehenden Ideen sind verblüffend, originell oder einfach genial.
Wer nicht den Mut oder das Geld hat, im realen Leben zum Unternehmer aufzusteigen, versucht das vielleicht im Rahmen des Computerspiels „Second Life“. Dabei handelt es sich um eine Art Lebens- und Persönlichkeitssimulation, die sich bei mehr als 16 Millionen Nutzern großer Beliebtheit erfreut und zeitweise nahezu täglich in den Nachrichten zu finden war. Ermöglicht wird die virtuelle Karriere durch das Vermarktungskonzept des Anbieters Linden Labs: Das Spiel ist für den Anwender kostenlos, aber wer seinem „Avatar“, der zweiten Persönlichkeit in Second Life Kleidung, Acessoires oder Unterhaltung gönnen möchte, muss dafür bezahlen. Dabei kann man „Linden-Dollars“, die Währung innerhalb des Spiels, über ein eigenes Bezahlsystem, bei eBay oder anderen Anbietern erwerben. Simulierte Dollars kosten also echtes Geld, lassen sich im Gegenzug allerdings auch in reale Dollars zurücktauschen.
Der Kick bei der Angelegenheit besteht darin, dass Leistungen und Waren und virtuelle Ländereien nicht nur von Linden Labs, sondern auch in virtueller Form von Teilnehmern des Spiels gegen Bezahlung angeboten werden können. Im realen Leben erfolgreiche (oder weniger erfolgreiche) Modedesigner, Autohändler, Journalisten oder Architekten können ihre Arbeit in digitaler Form im Spiel verkaufen und mit der Spielfreude und dem Prestigebedürfnis der virtuellen Kundschaft ihren realen Lebensunterhalt verdienen.
Die benötigten Hilfsprogramme zur Erstellung neuer 3D-Objekte sind im Spiel schon enthalten. Das auf diese Weise umgesetzte Geld zieht nicht nur Einzelpersonen an, sondern auch eine Reihe von realen Unternehmen, die ihre Zeitschriften, Markenartikel oder sogar Kreditkarten in virtueller Form anbieten. Im Mai 2008 waren es laut Angaben von Linden Labs mehr als 59 000 „Bewohner“ von Second Life, die mehr Geld aus dem Spiel herausholen als investieren konnten. Allerdings haben nur rund 1 000 Personen mehr als 1 000 US-Dollar im Monat verdient.
Falls Ihnen das Leben als “Second-Life-Unternehmer” noch zu sehr nach herkömmlichem Business aussieht und Sie voll und ganz Ihrer spielerischen Natur nachgeben möchten, können Sie auch zum „World-of-Warcraft“-Profi avancieren. Das Erfolgsrezept ist einfach: Sie verbringen sehr viel Zeit am PC, um mit Ihrer Spielfigur – wie in einem Rollenspiel üblich – Erfahrungspunkte zu sammeln, Abenteuer zu bestehen und wertvolle Gegenstände wie Zauberschwerter oder magische Fähigkeiten zu erlangen. Diese Fähigkeiten oder Gegenstände versteigern Sie meistbietend an andere World-of-Warcraft-Spieler, die nicht die Geduld (oder Zeit) aufbringen können, sie sich selbst zu erspielen.
Nachdem der Zuschlag im Online-Auktionshaus erfolgt ist, wird ein virtueller Treffpunkt in der Landschaft des Spiels verabredet, wo der Verkäufer den Handelsgegenstand fallen lässt, damit ihn der Käufer ohne große Mühe aufsammeln kann. Das Publikum für derartige Transaktionen ist groß: Nach Angaben des Herstellers Blizzard zählt die World-of-Warcraft-Gemeinde rund Ende Oktober 2008 rund 11 Millionen Abonnenten. Und nicht jeder hat vielleicht Zeit und Lust, 16 Stunden am Tag Erfahrungspunkte zu sammeln.
Wer vielleicht lieber TV-Serien und Filme anschaut und darüber seine Meinung äußert, sollte einen (oder mehrere) Podcasts mit pointierten Anmerkungen und geistreichen Kritiken auf der eigenen Homepage veröffentlichen. Oder sich einfach mit Freunden vor ein Mikrofon setzen und pro Podcast-Folge eine halbe Stunde lang weit gehend sinnfrei, aber unterhaltsam über Gott und die Welt und eine populäre TV-Serie wie Star Trek reden. Bestes Beispiel für eine gelungene (englischsprachige) Seite dieser Art ist www.symplysyndicated.com, wo der Betreiber Richard Smith exakt dieser Tätigkeit nachgeht und das Ganze durch Blog-Einträge und Diskussionsforen zu verschiedenen Themen rund um Kino und Fernsehen ergänzt.
Sollten der Unterhaltungswert und die potenzielle Fangemeinde groß genug sein (als Thema sind erfolgreiche Kultserien wie Star Trek oder Lost sowie die neusten Blockbuster empfehlenswert), wird das Ganze zur Einnahmequelle: Ältere Podcast-Folgen lassen sich auf DVD verkaufen, der Versand von bedruckten T-Shirts, -Tassen und –Mauspads mit dem Logo der Seite verspricht zusätzlichen Gewinn. Nicht zuletzt bringen Sponsoren der Seite ebenfalls Geld ein.
Noch einfacher ist das Konzept, einfach herumzufahren und die günstigsten Benzinpreise an den Tankstellen im Umkreis zu ermitteln. Das hat zwar noch nichts mit dem Internet zu tun, wohl aber das Erfolgsrezept, die ermittelten Ergebnisse im Rahmen einer Suchmaschine auf der Seite www.clever-tanken.de verfügbar zu machen. Das Publikumsinteresse ist potenziell sehr groß, denn billiger tanken ist für jeden Autofahrer attraktiv.
Geld bringt jedoch nicht das Publikum, denn der Dienst ist für den Anwender kostenlos, sondern die zahlreich geschaltete Werbung auf der Seite. Versicherer, Werkstätten und alle anderen Dienstleister rund um das Thema Auto finden hier natürlich die ideale Zielgruppe. Die Seite existiert seit 1999, und nachdem das Konzept schnell zum Selbstläufer geworden ist, muss heute auch niemand mehr von Hand nach Benzinpreisen fahnden. Tankstellenbetreiber, die sich auf der Seite wieder finden möchten, können die aktuellen Preise einfach täglich per Faxformular übermitteln.
Dass Online-Versteigerungen bei eBay und anderen Auktionshäusern eine lohnende Sache sind, wenn man seinen Keller entrümpeln möchte, ist allgemein bekannt. Dass die Erstellung von ansprechenden Fotos, die Gestaltung der Auktionsseiten und das Verschicken der Ware eine Zeit raubende und anspruchsvolle Angelegenheit sind, steht allerdings ebenso außer Frage. Wer mit den eigenen Auktionen schon genug Übung und Erfahrung gesammelt hat, kann diese Tätigkeit auch als Dienstleistung anbieten: Gegen Provision können potenzielle eBay-Verkäufer, denen Zeit Lust und das Geschick zum Verkaufen fehlen, ihre Gegenstände abgeben und versteigern lassen.
Zahlreiche kleine und größere „eBay-Shops“ in größeren Städten und auf dem Land folgen diesem Geschäftsmodell. Gut, die Tätigkeit spielt sich nicht ganz in der Online-Welt ab, denn immerhin bleiben die Erstellung der Produktfotos und der Gang zur Post als realer Bestandteil übrig. Aber der Kern der Sache, das Geldverdienen, spielt sich ausschließlich im Internet ab.
Quelle: http://www.handelsblatt.com/technologie/it-fitness/kinder-des-internet;2098948;0 ( 25.01.2009)
Sonntag, 25. Januar 2009
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